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                                     Feste Boyen. Lötzen/Giżycko. Oberst Busse.

Noch im 1.Weltkrieg spielte die Stadt durch die nahe gelegene Festung Boyen eine wichtige Rolle, da hier der Vormarsch der russischen Armee gestoppt wurde. Erst in der anschließenden Winterschlacht 1914/15 konnten die Russischen Truppen aus Ostpreußen vertrieben werden.

Benannt nach dem preußischen General von Boyen, auf dessen die Idee die heutige Wehrpflicht beruht, wurde die Festung zwischen 1844 und 1887 aus Millionen Ziegeln erbaut. Der Bau der Festung brachte auch einen beabsichtigten wirtschaftlichen Aufschwung in der Region mit sich.

 Feste Boyen. Lötzen/Giżycko. Oberst Busse.Feste Boyen. Lötzen/Giżycko. Oberst Busse.

 

Die Feste Boyen im Krieg.

Zahlenmäßig dem Gegner weit unterlegen, 173.00 deutsche Soldaten, standen in Ostpreußen, zwei russische Armeen mit 485.000 Soldaten gegenüber.

Im August 1914 fasste der Führer der Streitkräfte in Ostpreußen (Paul von Hindenburg), den Entschluss, die Front seiner Truppen gegenüber der aus dem Osten vorstoßenden 1. Armee (Njemen-Armee) unter Paul von Rennenkampff, bis auf einige Sperrgürtel, notfalls bis zur Weichsel, zu entblößen und kampflos zurück zunehmen. Zusammen mit den in Eilmärschen abgezogen Truppen sollte dann die Masse der deutschen Streitkräfte, die in den Süden Ostpreußens eindringende 2. Armee (Narew-Armee) unter Alexander Samsonow, in einer Entscheidungsschlacht (Tannenberg) besiegen.  

Es bestand die Hoffnung und Erwartung, das sich die Feste Boyen bei Lötzen mindestens 6 – 8 Wochen halten werde, um dann wieder befreit zu werden. Die Größe der Aufgabe, die dem Kommandanten der Feste Boyen, seit April 1914 – Oberst Busse - gestellt wurde, kann man ermessen, wenn man berücksichtigt, das nach den Berechnungen des Generalstabes die Feste sich nur 13 Tage halten sollte.  Nur die Feste sollte verteidigt werden. Außenunternehmungen der Festungsgarnison, eine Verteidigung der Stadt Lötzen, waren untersagt. Die Besatzung dafür als zu schwach einstuft. Da an einen Krieg im Osten nicht ernsthaft gedacht wurde, dynastische Beziehungen zu Russland, seit 150 Jahren kein Krieg, waren neuzeitliche Verbesserungen nicht vorgenommen worden. Die Festungsanlagen entsprachen daher nicht mehr den militärischen Anforderungen. Das Gelände war seit Jahren nicht vermessen worden, die Kartierung stammte zum Teil noch aus den fünfziger Jahren des 18. Jahrhunderts.

Besatzung.                                                                                                                                                                                              

Circa 4200 Mann Landwehr und Landsturm. ( Nur bedingt feldverwendungsfähig )

Festungsartillerie

 2  Batterien 15cm Haubitzen zu 4 Gesch., 750 Schuss pro Geschütz

 2  Batterien 10cm Kanonen zu 6 Gesch. Bettung, 1000 Schuss pro Geschütz

 1  Batterie   15cm Ring Kanonen zu 6 Geschützen.

20 Kanonen   9cm (ehemaliges Feldgeschütz), 600 Schuss pro Geschütz

 6 Beobachtungsflugzeuge  

                                                                                                                             Feste Boyen. Lötzen/Giżycko. Oberst Busse.                                                                                   

Oberst Busse. Abschreiten der Front der Besatzungsreserve.                                                                          

  1. August 1914, dem Tag der Mobilmachung, wird damit begonnen die Feste auf allen Gebieten zur nachhaltigen Verteidigung einzurichten. Nach dem Armierungsplan, der für jede Festung lange im voraus festgelegt ist, muss für jeden Tag eine bestimmte Arbeitsleistung geschafft werden.
  1. August. Immer mehr Flüchtlingswagen passieren die Landenge auf dem Weg nach Rastenburg. Die Kosaken kommen! Berichte über Gräueltaten von Kosakenpatrouillen lassen den Flüchtlingsstrom von der nur 50 Kilometer entfernten Grenze zu Russland täglich anschwellen. Um freies Schussfeld zu bekommen wird mit dem räumen und abreisen von Häusern am Lötzener Schifffahrtskanal begonnen. Über 600 Kriegsfreiwillige haben sich bislang gemeldet. Um seine Truppen mobil zu halten werden von Oberst Busse alle vorhandenen Fahrräder in der Stadt (47) requiriert. Um die Versorgung der Bevölkerung aufrecht zu erhalten, werden Bäcker und Schlachter in der Stadt vom Kriegsdienst freigestellt. Kavalleriepatrouillen und Radfahrer werden zur Aufklärung Richtung Grenze geschickt.
  1. August. Da keine bespannte Artillerie vorhanden ist, wird auf Befehl von Oberst Busse eine Batterie schwerer Artillerie bespannt. Pferde werden ausgehoben und Geschirr beschlagnahmt. Die Ostseite von Schloss Lötzen, im Vorfeld der Feste, wird zur Verteidigung eingerichtet. Fensterkreuze entfernt und die Fenster mit Sandsäcken und Schießscharten versehen. Aus den Bodenluken starren Maschinengewehre. Die Drehbrücke am Kanal wird abends abgedreht. Das freie Schussfeld reicht von hier nach Abholzung einiger Bäume bis zum Bahnhof. Rastenburg, südwestlich von Lötzen wird durch russische Truppen besetzt.

Feste Boyen. Lötzen/Giżycko. Oberst Busse.Feste Boyen. Lötzen/Giżycko. Oberst Busse.

     8.  August. Bekanntmachung durch Zeitung und Extrablättern. Aus Angst vor Kundschaftern muss jede Person im Umkreis von 8 Kilometern einen Ausweis            mit sich führen. An der Grenze zu Russland finden täglich geplänkel von Grenzschutztruppen mit russischer Kavallerie statt. Die letzten aktiven Truppenteile            verlassen die Stadt. Russische Überläufer berichten von schlechtem und mangelhaftem Essen und fehlender Löhnung in ihren Truppenteilen.

  1. August. Aufklärung per Kraftwagen in Richtung Maggrabowa (Treuburg).
  1. August. Telefonkontakt zu den Grenztruppen. An der nahen Grenze zu Russland täglich kleine Gefechte mit russischer Kavallerie. Eine Abteilung Radfahrer wird zur Unterstützung der ernsten Lage auf kurze Zeit nach Lyck entsandt. Aus Angerburg kommt die Nachricht: Mit Vorstoß der Russen ist in den nächsten Tagen zu rechnen. 8 Uhr Abends. Probealarm der Festungsbesatzung. Die Flugzeuge der Festungsflieger starten zur Aufklärung.
  1. August. Weitere Häuser am Kanal werden abgebrannt. Das Abreißen hätte zu lange gedauert. Bislang haben sich über 2000 Kriegsfreiwillige aus allen Dörfern der Umgebung freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet.
  1. August. Eintreffen der 3. Reservedivision aus Pommern unter General von Morgen. Das Vorhaben seines Vorgesetzten, die Stadt Lötzen abzubrennen und zu sprengen, kann Oberst Busse diesem jedoch wieder ausreden. Das Festungsgelände darf nicht mehr von Zivilpersonen betreten werden. Oberst Busse droht in Bekanntmachungen hohe Strafen für Preiswucher bei Lebensmitteln an. Die Preise gehen wieder zurück, Butter und Gebäck bleiben aber von schlechter Qualität. Auf Anregung und Einverständnis von General Morgen werden ein Zug Kavallerie, zwei Züge Maschinengewehre, zwei Kompanien Infantrie und eine 9 cm Batterie unter Befehl von Major Kittel zur Aufklärung zunächst per Bahn in Richtung Marggrabowa in Marsch gesetzt. Die Radfahrer aus Lyck sollen dazu stoßen. Eine Vielzahl aufgegriffener Russen (Kundschafter?) wird verhört und nach Allenstein verbracht. Besetzungsübung der Festungsbesatzung bei Scheinwerferlicht und Fackelposten am Kanal.

Feste Boyen. Lötzen/Giżycko. Oberst Busse.Feste Boyen. Lötzen/Giżycko. Oberst Busse.

13. August. Keine Hilfe. Die Zugesagte Unterstützung für Major Kittel wird von überlegenen Feindkräften angegriffen.

14. August. Nachricht am Morgen, die Abteilung von Major Kittel im Gefecht mit einer russischen Kavalleriedivision und Infanterie östlich von Marggrabowa. 20 Mann Verluste. Die russische Kavalleriedivision zieht sich am Nachmittag wieder über die Grenze zurück.

Nach kleineren Gefechten in der Umgebung wurde die mit Flüchtlingen und Verwundeten überfüllte Stadt Lötzen fast vollständig geräumt. Nachts konnte man von den Wällen brennende Dörfer in der Umgebung sehen.  Ab dem 23. August war die Feste im Umfeld von 4 – 8 Kilometern, vollständig eingeschlossen. Fernsprechverbindungen funktionierten nicht mehr und der Kontakt zur Außenwelt konnte laut Oberst Busse in seinen Erinnerungen, angeblich nur noch durch Brieftauben erfolgen. (In Wirklichkeit verfügte die Festung Boyen über eine hochmoderne, sogenannte "Funkbude"). Vorteilhaft war zudem, die Russen hatten in den ersten Wochen des Feldzuges, schwierigkeiten mit dem verschlüsseln ihrer Funksprüche und funkten unverschlüsselt. Am 26.8.14 versuchten die russischen Truppen in den Abendstunden im Handstreich die Stadt und die Festung einzunehmen. Durch massives Sperrfeuer der Artillerie im Scheinwerferlicht von den Wällen und im Feuer von Maschinengewehren wurden die russischen Truppen zum Abzug gezwungen.

Am 27.08.1914 brachte ein Parlamentär die Aufforderung zur Übergabe der Festung mit der Begründung, dass weiterer Widerstand nutzlos sei und sich durch die Übergabe unnütze Verluste vermeiden ließen.

Feste Boyen. Lötzen/Giżycko. Oberst Busse.

 

Oberst Busse antwortete hierauf: Was Ihre Aufforderung anbetrifft, die Festung zu übergeben, so weise ich dieselbe für mich und meine tapfere Besatzung als im höchsten Grade beleidigend zurück. Die Feste Boyen wird nur als Trümmerhaufen übergeben.

Die russischen Truppen begannen nun ihrerseits mit einer förmlichen Belagerung, tranportierten große Mengen Baumaterial heran und hoben Schützengräben aus.

  

 Heraus aus der Festung, ran an den Feind.

Hiermit hoffte Oberst Busse dem Gegner eine viel stärkere Truppenstärke vorzuspielen. In den folgenden Tagen ließ der Kommandant der Feste mehrere erfolgreiche Ausfälle in verschiedene Richtungen machen, bei denen die schwere Artillerie erfolgreich mitwirkte. Um seine Truppen mobil zu halten waren zu diesem Zweck fünfzig Fahrräder in der Stadt requiriert worden. Bei einem besonders vorbereiteten Ausfall unter persönlicher Führung des Kommandanten, gelang es am 29. August die Russen in der Nähe von Kruglanken ein gutes Stück zurückzuwerfen. Ein großer Erfolg, als er ermöglichte, den Russen 42 Bagagewagen einer Wilnaer Division und über 70 vollständig gesattelter Kavalleriepferde, sowie eine große Anzahl geraubten Schlachtviehs abzunehmen.

 Feste Boyen. Lötzen/Giżycko. Oberst Busse.

Erfolgreich wurde auch der Ausflugsdampfer Ernst, jetzt als „Barbara“, zur Aufklärung auf den Seen eingesetzt. Mehrfach wurden 15cm Haubitzen transportiert, die dann zur Überraschung der Russen ihre Stellungen aus der Flanke, oder sogar aus dem Rücken beschossen. So transportierte die Barbara unter Kommando von Leutnant Broscheit, der sich während der Kämpfe um Lötzen bereits mehrfach  ausgezeichnet hatte, eine 15cm Haubitze mit 70 Schuss Gr. 02 auf die Insel Upalten.  Er landete glücklich, brachte seine Haubitze in Stellung und erhielt durch den Lehrer des Dorfes Stobben, der nach der Insel Upalten vor den Russen geflüchtet war und den Plan der russische Stellungen verfolgt hatte, wertvolle Aufschlüsse über die Lage. Durch eine Fernsprechverbindung durch den See verbunden, konnte nach Feuerfreigabe mit wenigen Schüssen der Russe vom Fuchsberg, einer gut ausgebauten Stellung auf einer Anhöhe nördlich von Angerburg vertrieben werden.

 

Feste Boyen. Lötzen/Giżycko. Oberst Busse.

Feste Boyen im 2. Weltkrieg.

Als Abwehrdienststelle von Admiral Canaris, 1942 bis 1945 benutzt, wurde die Festung 1945 kampflos geräumt. Heute sind große Teile der sechssternigen 4,5 km langen Wälle und Kasematten zur Besichtigung freigegeben. Ein kleines Museum kann besucht werden. Auf dem Gelände befindet sich auch ein Freilufttheater.

Oberst Busse (Generalmajor Hans Busse) verstarb 1937 in Blankenburg (Harz), wo auch eine Straße nach ihm benannt wurde.

Öffnungszeiten: Mai bis September, täglich 9:00 bis 18:00 Uhr.